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Ökologisch nachhaltig drucken, geht das überhaupt?

Nachhaltig Drucken

Ökologisch nachhaltig drucken, geht das überhaupt?

Heiko Engelhardt (CEO)
Heiko Engelhardt (Geschäftsführer BurdaDruck)

Heiko Engelhardt, Geschäftsführer BurdaDruck, würde sofort antworten: ja, natürlich! Aber was bedeutet das im Detail? Wie sieht der ökologisch verträgliche Produktionsprozess bei BurdaDruckaus? Und wie verhindert man eigentlich „Greenwashing“? Diese Fragen beantwortet Heiko Engelhardt im Interview – und macht deutlich, dass BurdaDruckschon seit den 90er-Jahren Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit ist.

BurdaDruck und getting better – Schritt für Schritt für mehr ökologische Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind wichtige Werte der Unternehmensstrategie bei Hubert Burda Media. Viele Unternehmensbereiche bei Burda verfolgen schon seit Jahren Anstrengungen, um über vorgegebene Standards hinaus möglichst ökologisch nachhaltig zu wirtschaften. Der Schwerpunkt des Engagements liegt dabei auf der Reduktion von Treibhausgasemissionen und der Regeneration von Ressourcen. Für die Jahre 2019 & 2020 wurden jeweils detaillierte Bilanzen erstellt, die die Treibhausgasemissionen von Hubert Burda Media mit seinen 100-Prozent-Beteiligungen in Deutschland abbilden. Aus diesen Erkenntnissen wurden konkrete Maßnahmen abgeleitet (etwa die Einführung von Ökostrom), die gemeinsam mit allen Unternehmensbereichen umgesetzt werden.

3 Druckerei-Standorte, 320.000 Tonnen Papier, 100 Mrd. Seiten und 11.000 Tonnen Farbe pro Jahr - Wie nachhaltig sind angesichts solcher Zahlen unsere Printprodukte, Herr Engelhardt?

„Sehr nachhaltig! Wir bei BurdaDrucksind ein zentraler Unternehmensbereich bei Hubert Burda Media und gleichzeitig als produzierendes Gewerbe für einen Großteil der CO₂-Emissionen von HBM verantwortlich. Daher analysieren wir schon seit den 90er-Jahren die Produktionsprozesse systematisch nach produktionsabhängigen Umweltaspekten und überlegen uns kontinuierlich, wie wir möglichst umweltschonend und gleichzeitig qualitativ hochwertig drucken können. Unser Ziel ist es, die natürlichen Ressourcen zu schonen. Dafür passen wir die Prozesse so an, dass wir über die rechtlichen Vorgaben hinaus eine wirkliche CO₂-Reduktion erzielen.“

Welche konkreten Maßnahmen setzt BurdaDruck um?

„Ein erster Schritt war im Jahr 1996 die freiwillige Beteiligung an EMAS (Eco-Management and Audit Scheme), einem rechtlich verbindlichen Umweltaudit, anhand dessen jährlich die kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung des Unternehmens überprüft wird. BurdaDrucknimmt nicht zuletzt deshalb seit 25 Jahren so erfolgreich an EMAS teil, weil der gesamte Druckprozess in hocheffizienten Kreisläufen abläuft, angefangen von der Energieerzeugung bis hin zum Abfallmanagement. Hierbei ist das Papier die mit Abstand wichtigste Ressource im Druckprozess. Wir beziehen sämtliche Papiere ausschließlich aus nachhaltig bewirtschafteten, europäischen Wäldern. Seit 2020 ist das von BurdaDruck eingekaufte Papier zu 100 Prozent PEFC- oder FSC-zertifiziert. Berechnungen des „getting better“-Teams haben gezeigt, dass die von Burda eingekauften Papiere einen um 70 Prozent geringeren CO₂-Fußabdruck aufweisen als durchschnittlich grafische Papiere – und sogar einen geringeren als der von manchen Recycling-Papieren.“

Das bedeutet, das von Burda benutzte Papier ist nachhaltig?

„Kurz gesagt: Ja. Dazu muss man zunächst wissen, das Holz ein CO₂-neutraler Rohstoff ist. Und für die Produktion unserer Tiefdruckpapiere verwenden die Papierhersteller nur Holz aus nachhaltig bewirtschafteten, europäischen Wäldern. Für die Papierherstellung werden keine Wälder gerodet, sondern ausschließlich Durchforstungsholz, Totholz und Sägewerksabfälle verwendet. Das Holz ausgewachsener Bäume ist viel zu wertvoll für die Papierindustrie und geht vor allem in die Bau- und Möbelindustrie. Außerdem beziehen wir das Papier zu über 90 Prozent aus Papierfabriken, die Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen und die auf eine minimale Wasserbelastung durch Chemikalien achten.

Print ist vor allem auch deshalb ein nachhaltiges Kommunikationsmedium, weil der Papierkreislauf in Deutschland sehr gut funktioniert. Unsere produktionsbedingte Papierabfälle werden zu 100 Prozent an die Papierfabrik zurückgeliefert und dort wieder in den Papierkreislauf eingeführt. Insgesamt liegt die Recyclingquote von grafischen Papieren in Deutschland bei weit über 80 Prozent. Dieses ideale Altpapier ist ein begehrter Rohstoff der Papierindustrie. Da Papierfasern nur 5-7 Mal recycelt werden können, müssen dem Papierkreislauf kontinuierlich Frischfasern zugeführt werden. Unsere Tiefdruckpapiere haben verfahrensbedingt einen hohen Anteil an Frischfasern und sind daher ein wichtiger Rohstoff-Lieferant und für einen funktionierenden Papierkreislauf unerlässlich. Ein Recyclingpapier-Anteil von 100 Prozent ist also gar nicht das Ziel: Wollte man komplett auf Recyclingpapier umstellen, gäbe es laut WEF nach rund sechs Monaten kein Papier mehr.“

BurdaDruck optimiert beständig seine Prozesse, Energienutzung und Logistik. Was bedeutet dies konkret?

„Zur Nachhaltigkeit gehört ja nicht nur Papier, auch Farbverbrauch und Verpackungen spielen eine wichtige Rolle. Durch optimierte Prozesse haben wir erreicht, dass BurdaDruckin den vergangenen 10 Jahren beispielsweise die anfallende Altpapiermenge in Relation zum Druckvolumen um rund ein Fünftel reduzieren konnte. Altpapier und anfallende Plastikverpackung werden sortenrein getrennt und zu 100 Prozent der stofflichen Verwertung zugeführt. Auch für Plastikfolie, die zum Beispiel für Paletten-Verpackung notwendig ist, haben wir 2020 eine umweltfreundlichere Alternative gefunden, die 50 Prozent weniger CO₂-Emissionen verursacht. Ebenso arbeiten wir seit Jahren an optimierten Verfahren im Druckprozess; so konnten wir den Farbverbrauch pro bedrucktem Quadratmeter kontinuierlich um über 20 Prozent senken. Das in der Farbe enthaltene Lösemittel Toluol wird im Druckprozess zu über 98 Prozent zurückgewonnen und für die Herstellung neuer Farbe wiederverwendet. Die Druckzylinder befinden sich in einem fortdauernden Kreislaufsystem durch die Produktionsstätten der Druckerei, da sie nach dem Drucken zur Wiederverwendung neu aufbereitet und die benötigten Rohstoffe Kupfer und Chrom wiederverwendet werden können.“

Gibt es weitere Möglichkeiten, abgesehen vom nachhaltigen Materialeinsatz, CO₂-Emissionen zu reduzieren?

„Auf jeden Fall. Eine nachhaltige Strategie im Bereich Energie ist ein sehr großer Hebel, um positiv auf die Emissions-Bilanz insgesamt einzuwirken. Im Bereich Energienutzung ist Burda daher schon sehr früh selbst aktiv geworden: Seit Anfang der 1990er Jahre betreibt BurdaDruck hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zur gleichzeitigen Gewinnung von elektrischer Energie und Wärme. Die Druckereien nutzen die entstehende Wärme zur Erzeugung des für den Druckprozess erforderlichen Wasserdampfs. Dadurch weisen die Anlagen einen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 90 Prozent auf. Das ist doppelt so hoch wie bei der konventionellen Stromerzeugung in Dampfkraftwerken mit einem Wirkungsgrad von rund 40%. Zusätzlich werden so auch alle weiteren Burda-Gebäude sowie der Kindergarten und das Landratsamt in Offenburg mit Wärme versorgt. Außerdem liegt der CO₂-Emissionsfaktor, der für die Berechnung der CO₂-Emissionen der KWK-Anlagen genutzt wird, um ca. 50 Prozent unter dem des deutschen Strommixes.

Auch im Bereich der Logistik arbeitet BurdaDruckmit einem externen Partner zusammen, der kontinuierlich in moderne Fahrzeuge der neuesten Schadstoffklasse investiert und einen entscheidenden Beitrag zum verantwortungsbewussten Umgang mit den endlichen Ressourcen liefert.“

Ist es nachhaltiger, eine Zeitschrift als E-Paper zu lesen oder als Print-Version?

„Eine gute Frage. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an. Auf der einen Seite ist maßgeblich, welches Papier für die Zeitschrift verwendet wird und wie diese hergestellt werden. Beispielsweise machen der Standort der Papierherstellung sowie die dort verwendete Energie einen Großteil der Emissionen aus. Werden etwa die Papiere mit Wasserkraft hergestellt und in einer Druckerei ganz in der Nähe verarbeitet, fallen hier sehr wenige Emissionen an. Wird dagegen bei der Herstellung der Papiere zum Beispiel mit Braunkohle Energie erzeugt und diese durch mehrere Länder transportiert, bis sie bei dem zuständigen Verlag ankommen, entstehen hier sehr viele Emissionen. Auf der anderen Seite kommt es auf das digitale Endgerät und eine Vielzahl an Fragen an: Wurde das Tablet vor allem für das Lesen von Zeitschriften/den Medienkonsum gekauft? Welche Energie nutzt der Verbraucher? Um welches Gerät handelt es sich? Wird WLAN beim Lesen der Zeitschriften verwendet? Wie lange wird das Gerät verwendet und wie wird es dann recycelt? Eine Zeitschrift kann problemlos über das Altpapier entsorgt und im besten Fall zu 100 Prozent recycelt werden. Es gibt also vielfältige Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Ein direkter Vergleich der beiden Medien ist sehr schwierig.

Insgesamt muss einfach die Erkenntnis sein: die Papierherstellung und der Druck benötigen Energie und verbrauchen Ressourcen. Aber dies tun die Herstellung und Speicherung digitaler Medien auch, nur sind die Prozesse dort viel intransparenter. Und der deutsche Strommix ist keineswegs CO₂-neutral. Jede Cloud ist auch eine CO₂-Wolke.

Es braucht also niemand ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er eine gedruckte Zeitschrift liest.“

von Verena Schenk-Welker

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